Strafrecht, Finanzstrafrecht
Unschuldsvermutung: Bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld wird vermutet, dass der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist (Art. 6 Abs. 2 EMRK). Strafbar ist nur, wer schuldhaft handelt (§ 4 Strafgesetzbuch; StGB). Jede Person gilt bis zu ihrer rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig (§ 8 Strafprozessordnung; StPO). Bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld gilt der eines Finanzvergehens Verdächtige als unschuldig (§ 57 Abs. 7 Finanzstrafgesetz; FinStrG).
Die Beweislast für die Schuld des Verdächtigen hat die Finanstrafbehörde/Staatsanwaltschaft zu tragen. Dies bedeutet, dass nicht der Beschuldigte seine Unschuld, sondern die Finanzstrafbehörde/Staatsanwaltschaft ihm seine Schuld nachzuweisen hat („Im Zweifel für den Angeklagten“-„in dubio pro reo“). In der Praxis wird dieser Grundsatz oftmals ins Gegenteil verkehrt: Man darf nicht übersehen, dass die Finanzstrafbehörde/Staatsanwaltschaft mit der Einleitung eines Strafverfahrens bereits eine konkrete Schuldvermutung deutlich zum Ausdruck bringt. Trotz formeller Unschuldsvermutung liegt es de facto ab diesem Zeitpunkt am Beschuldigten/Angeklagten mit allen zur Verfügung stehenden Entlastungsbeweisen und Argumenten, diese Annahme der Behörde zu entkräften (vgl. Stefan Seiler/Thomas Seiler, Finanstrafrecht, S 14, 2. Auflage, dbv).
Das Strafgericht (ist zur Ahndung von Finanzvergehen dann zuständig, wenn das Finanzvergehen vorsätzlich begangen wurde und der maßgebliche Wertbetrag, nach dem sich die Strafdrohung richtet – strafbestimmender Wertbetrag – 100.000 Euro übersteigt) hat das Urteil am Tag der Hauptverhandlung (nachdem die Hauptverhandlung für geschlossen erklärt wurde) mündlich zu verkünden (§§ 257, 268 StPO). Im Ziviprozess ist dies nicht der Fall; im Zivilverfahren ist das Urteil nach Schluss der mündlichen Verhandlung vom Gericht binnen vier Wochen schriftlich auszufertigen (§ 414 Zivilprozessordnung). Das führt nun im Strafverfahren erfahrungsgemäß zu dem Problem, dass das Gericht schon vor Beginn der mündlichen Verhandlung eine vorgefasste Meinung über den Täter und das Urteil – das ja nach der Verhandlung sogleich mündlich zu verkünden ist – gleichsam schon „im Kopf hat“. Deshalb ist es zweckmäßig, die Gegenäußerung zum Strafantrag/Anklageschrift – das Verteidigungsvorbringen – nicht wie grundsätzlich vorgesehen erst mündlich in der Hauptverhandlung nach dem Vortrag der Anklage zu erstatten (vgl. § 244 Abs. 3 StPO), sondern schon vorab in einer schriftlichen Gegenäußerung zur Anklageschrift/Strafantrag (vgl. § 222 Abs. 3 StPO). In dieser ist eine „gute Geschichte“ zu erzählen, damit das Gericht sich nicht nur auf Grundlage des im Akt inneliegenden belastenden Tatsachensubstrats vorbereiten kann.
Schmuggel: Schneller als gedacht gelangt man ins Visier der Finanzstrafbehörde! Die Urlauberin kommt am Flughafen Wien Schwechat an. Sie hat in New York Kleidung und andere Waren im Gesamtwert von 23.268,69 Schilling und 1.200 Stück Zigaretten gekauft. Im Grünkanal des Ankunftsbereichs wurde die Urlauberin von einem Zollwachebeamten angehalten und hinsichtlich der mitgeführten Waren befragt. Sie erklärte, dass sie verschiedene Waren habe und dafür auch Rechnungen vorweisen könne. Befragt gab die Urlauberin an, dass die mitgeführten Waren als Weihnachtsgeschenke für ihre Verwandten bestimmt gewesen seien. Sie sei gedankenlos in den Grünkanal am Flughafen eingefahren ohne an die Deklaration zu denken. Mit Staferkenntnis erkannte der Spruchsenat beim Hauptzollamt Wien als Finanzstrafbehörde die Urlauberin schuldig, sie habe in Wien eingangsabgabenpflichtige Waren vorsätzlich vorschriftswidrig in das Zollgebiet verbracht und die Monopolgegenstände vorsätzlich zu ihrem Vorteil dem monopolrechtlichen Einfuhrverbot zuwider eingeführt. Sie habe dadurch das Finanzvergehen des Schmuggels und des vorsätzlichen Eingriffs in die Rechte des Tabakmonopols begangen. Es wurde über sie eine Geldstrafe von 5.000,- Schilling verhängt, die beschlagnahmten Zigaretten für verfallen erklärt und auf den Verfall des für die übrigen Waren erlegten Geldbetrages in Höhe von 23.268,79 erkannt! Diese „Gedankenlosigkeit“ war nicht billig!
Gestellung: ist die Mitteilung an die Zollbehörden in der vorgeschriebenen Form, dass sich die Waren bei der Zollstelle oder an dem anderen Ort befinden (Artikel 4, Nummer 19 Zollkodex). Die als Zollanmeldung geltende Willensäußerung kann auch durch die Benützung des grünen Ausgangs „anmeldefreien Waren“ erfolgen (Artikel 233 Absatz 1 Zollkodex-Durchführungsverordnung). Hat der Reisende diese Schwelle überschritten, ist (beim Grünausgang) die Zollanmeldung durch diese Form der Willenserkärung abgegeben. Durch die Wahl des Grünkanals kann auf das Vorliegen von Vorsatz geschlossen werden (vgl. oben zur Unschuldsvermutung!).
Was darf aus dem Urlaub außerhalb der EU mitgebracht werden? Waren, deren Gesamtwert 300,- Euro je Reisenden nicht übersteigt; für Flugreisende beträgt dieser Schwellenwert 430,- Euro (vgl. § 6 Absatz 5 litera g Umsatzsteuergesetz; UStG).